Ruhe und Kraft - Worte zur Hochzeit

Ich weiß,
dass ich jemanden
in meiner Nähe habe,
dem ich rückhaltlos
vertrauen kann,
und das ist etwas,
was Ruhe und Kraft gibt.
Edith Stein

Da ist nichts von Liebe, Freundschaft und Glück in eurem Trauwort zu hören, das ihr euch für euren Tag und eure Ehe ausgesucht habt. Kein Wunder. Es ist ja auch das Wort einer Nonne, der Karmelitin Edith Stein, die 1942 im Konzentrationslager Auschwitz von den Nazis ermordet wurde. Was weiß eine Ordensfrau von alledem, was euch heute bewegt? Edith Stein spricht diesen Satz von Gott: Er ist es, den sie gerade in den schweren Stunden ihres Lebens an ihrer Seite braucht, der ihrem Leben Ruhe und Kraft gibt... Aber ist das nicht dasselbe, was Liebende miteinander suchen? Euer Zusammenfinden mag von ganz unterschiedlichen Erwartungen und Hoffnungen geprägt worden sein; Männer erwarten zum Beispiel von Liebe und Partnerschaft anderes als Frauen. Und doch braucht jeder von uns den Menschen an seiner Seite, in seiner Nähe, dem er rückhaltlos vertrauen kann. Für die Liebe gibt es schließlich keinen Beweis. Ich kann mich dem anderen, dem Geliebten nur anvertrauen. Er kann mir seine Liebe zeigen, mir von seiner Liebe erzählen, mich mit „Haut und Haaren lieben“, beweisen kann er seine Liebe nicht. Wir können einander nur trauen und miteinander leben; oder wir müssen einander mißtrauen und damit unser Leben vertun.

Rückhaltlos vertrauen: Das erfordert ein Feingefühl, vom ändern nicht mehr zu erwarten, als er geben kann. Deswegen muss unter Liebespartnern nicht jeder Schritt der Liebe immer ein voller Erfolg sein, wie das heute weithin vom ohnedies gestressten Geschlechtspartner gefordert wird. Einem solchen Zwang sind Menschen, die an sich und an die Liebe Gottes glauben und die deswegen dem ändern auch rückhaltlos vertrauen können, nicht ausgesetzt. Unter den vielen Wünschen des heutigen Tages, heute Abend werden euch die Hände weh tun vor lauter „Glück-Wünschen“, werden „Ruhe und Kraft“ nicht ohne weiteres dabei sein. Eure guten Freunde setzen auf Handfesteres: Sie wünschen euch Glück, Gesundheit, finanzielles Auskommen, Kinder...

Wenn Ehen heute so leicht in Schwierigkeiten kommen, dann oft auch deswegen, weil die Partner von sich und dem ändern das alles und zwar sofort haben wollen. In der Geduld für und mit anderen liegt eine ungeheure Kraft, die auch über große Schwierigkeiten hinweghelfen kann. Mehr noch: die Geduld schenkt eurer Liebe jenen Tiefgang, der sie nicht so leicht aus der Verankerung herausreißt, so dass ihr nicht von den Meinungen und Sehnsüchten hin- und hergetrieben werdet. Das alles lässt sich am Anfang einer Partnerschaft nicht erfahren; vor allem, es lässt sich nicht ausprobieren. Man muss es in aller Ruhe miteinander lernen.

Edith Stein vertraute rückhaltlos auf Gott. Und doch wissen wir von den „trockenen und trostlosen Zeiten“ ihres Lebens. Sie hat selber davon geschrieben. Es wäre sicher vermessen, wollten wir euch für eure Liebe nur gute Tage wünschen. Schließlich versprecht ihr jetzt gleich, einander zu tragen und zu ertragen in „guten wie in bösen Tagen“. Für beide Zeiten wünschen wir eurer Ehe jene Ruhe und Kraft, die aus der Beziehung zu Gott kommt, der heute in besonderer Weise an eure Seite tritt. Er segnet eure Gemeinschaft, er schließt einen Bund mit euch, und wird euch, das ist ein Versprechen, nie verlassen, wenn ihr ihn nicht ausschließt, wenn ihr ihn in eurer Nähe lasst. Ihr sollt also auch dann noch, wenn ihr euch in eurer Ehe ein-sam und verlassen fühlt, wenn euch eure Liebe zwischen den Händen zu zerrinnen droht, euer Trauwort voll Vertrauen sprechen können, damit euch Gott das schenkt, was wir alle zum Leben und Lieben so bitter nötig haben: liebende Nähe, starkes Vertrauen, erholsame Ruhe und neue Kraft.

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