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Eine andere Hochzeit feiern bevor wir heiraten Teil 1 - Ratgeber Hochzeit

07/07/2019
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Eine andere Hochzeit feiern bevor wir heiraten Teil 1 - Ratgeber Hochzeit

Eine andere Hochzeit feiern bevor wir heiraten Teil 1
Meine Cousine Michaela heiratet heute. Ursprünglich wollte ich ja nicht hinfahren. Wir haben uns seit Jahren nicht gesehen... und dann der Aufwand! Dreihundert Kilometer Anreise nach Bayern, Übernachtung, alle beruflichen Termine verschieben, da die Hochzeit an einem Mittwoch stattfindet, was sowieso eine Schnapsidee ist. Es folgt zwar ein Feiertag - trotzdem ein sonderbarer Termin für eine Hochzeit. Wie auch immer, letztlich haben sich mein Lieblingscousin Joshua, der gleichzeitig einer meiner besten Freunde ist, und ich entschlossen, einen Männerausflug zu unternehmen und mit unserem Cousin Tobias - Michaelas Bruder - ordentlich einen draufzumachen. Debora kann aus beruflichen Gründen nicht mit und ich bin auch ganz froh darüber. Zwei Monate vor unserer Hochzeit hätte sie das Fest sicherlich bis ins kleinste Detail analysiert.

Für 14:00 Uhr ist die Trauung angesetzt. Um 7 Uhr 30 stehe ich bei Joshua auf der Matte und wir machen uns auf den Weg. Nach einer ruhigen Fahrt - wir sind beide am Morgen nicht sehr gesprächig - stellen wir das Auto beim Hotel ab, steigen in ein Taxi und befinden uns um kurz nach 10 Uhr vor dem Standesamt. Natürlich wollen wir nicht eine Stunde blöd herumstehen, also machen wir uns auf die Suche nach dem nächstbesten Lokal. Als wir nach einem Bierchen in einem Café eine halbe Stunde später erneut vor dem Standesamt eintreffen, sind wir erstaunt darüber, dass weit und breit niemand zu sehen ist. Wir gehen hinein und fragen nach: Für heute ist keine Hochzeit eingeplant. Nun sind wir
verwirrt. Keiner von uns hat die Einladung dabei, also rufe ich Debora an.

Bist du zufällig zu Hause?

Ja.

Sehr gut. Geh bitte in mein Büro, da müsste die Einladung auf dem Schreibtisch liegen.

Okay, mach ich. Wo seid ihr denn? Sollte die Trauung nicht in fünf Minuten beginnen?

Ja, sollte sie. Ich habe jetzt keine Zeit für Erklärungen. Hast du die Einladung?

Ja.

Ich brauche die Adresse vom Standesamt.

Steht keine dabei.

Bist du sicher?

Klar.

Klar ist mir nun überhaupt nichts mehr. Ich versuche meine Mutter zu erreichen, doch ihr Handy ist ausgeschaltet. Logisch, die Trauung müsste mittlerweile begonnen haben. Wir fragen noch einmal im Standesamt nach und erfahren, dass ein weiteres in dieser Stadt existiert. Das hätte die Tussi aber auch wirklich gleich sagen können! Wir lassen uns die Adresse geben, fahren da hin und kommen genau rechtzeitig an, als das frischgebackene Ehepaar das Standesamt verlässt. Natürlich müssen wir einige dumme Fragen und Spott über uns ergehen lassen... aber was soll’s. Wir können ja nichts dafür, dass es in dem Kaff zwei dieser Ämter gibt und das Brautpaar zu blöd war, eine Adresse auf die Einladung zu schreiben. Außerdem haben wir auf diese Weise den langweiligen Teil übersprungen und können nun gleich zum angenehmen übergehen. Es gibt nämlich keine kirchliche Trauung, daher geht es nun direkt in ein nahe gelegenes Restaurant, wo im Wintergarten eine Tafel auf uns wartet. Joshua und ich sind dennoch ganz und gar nicht begeistert. Erstens ist es in diesem Glashaus unerträglich heiß und stickig, zweitens prangt ein großes Nichtraucher-Zeichen am Eingang. Wir beschließen, uns auf die Terrasse zu setzen. Meine Mutter schüttelt missbilligend den Kopf, während sich mein Vater uns anschließt und sich genüsslich eine Zigarre anzündet. Er versteht sich nicht besonders gut mit seinem Schwager und ist infolgedessen nicht scharf darauf, mit ihm an einem Tisch zu sitzen.

Wir schaffen es mit unserem umwerfenden Charme sogar, das Essen auf der Terrasse serviert zu bekommen. Man kann zwischen Schweinebraten, Schnitzel und Fisch wählen. Ich entscheide mich für Ersteres - und es schmeckt echt lecker! Nach dem Essen geht es weiter in Michaelas Elternhaus, in dessen Garten die Feier stattfindet. Da es sich um eine kleine Gesellschaft von circa dreißig Personen handelt, finde ich die Idee gar nicht schlecht. Im Garten steht ein Partyzelt mit Biertischen und Bierbänken, alles ist blauweiß geschmückt. Es sind auch viele Gäste in Tracht anwesend. Echt bayrisch eben. Kaum haben alle Gäste Platz genommen, wird die Hochzeitstorte angeschnitten. Also auch hier nicht um Mitternacht. Das muss ich unbedingt Debora erzählen. Darüber hinaus gibt es noch ein Kuchenbuffet und Kaffee. Für die Damen - wir Männer bleiben dem Gerstensaft treu. Vorerst zumindest. Meine beiden Cousins und ich lassen alte Zeiten hochleben und unterhalten uns prächtig - bis am frühen Abend plötzlich das Bier alle ist. Wir sind fassungslos. Wie sich herausstellt, wurde zwar an die bayrischen, nicht aber an die österreichischen Biertrinker gedacht. Im Klartext: Weißbier zur Genüge, Pils Fehlanzeige. Das bringt dem Gastgeber natürlich jede Menge spitzer Bemerkungen ein, vor allem von meinem Vater, der sich freut, dass er nun einen Anlass zum Sticheln hat.

Na, da warst du wohl ein wenig zu sparsam. Aber Geiz ist ja angeblich geil...

Es wäre genug da gewesen, wenn nicht ihr Ösis alles leer gesoffen hättet!, kontert der Brautvater. Nun ist mein Vater beleidigt und ein derber Wortwechsel entwickelt sich.

Während Joshua versucht, die Streithähne zu beschwichtigen und Tobias Bier-Nachschub besorgt, mache ich mich auf die Suche nach der berühmten Bowle meiner Tante, die mir in meiner Jugend einige Stunden Spaß, allerdings auch Kopfschmerzen bescherte. Doch ich werde enttäuscht. Entweder haben die Damen schon alles ausgetrunken, oder es hat nie eine gegeben - jedenfalls werde ich nicht fündig. Meine Stimmung verschlechtert sich von Minute zu Minute. Ich entdecke ein paar Fläschchen Magenbitter in der Küche und stecke sie in meine Sakko-Tasche. Mittlerweile sind natürlich auch meine Mutter und meine Tante auf ihre Männer sauer, weil diese sich nicht einmal an so einem Tag! zurückhalten können. Joshua hat sich von meinem Onkel in Beschlag nehmen lassen, während mein Vater Zigarre rauchend und wutschnaubend durch eine entlegene Ecke des Gartens tigert. Tobias ist immer noch nicht wieder aufgetaucht. Ich kenne ansonsten niemanden hier und ich habe auch keinen Bock mehr, länger zu bleiben. Dieses ganze Getue geht mir unheimlich auf die Nerven. Ich muss hier weg!

Ohne zu jemandem ein Wort zu sagen, verlasse ich dieses Kasperltheater. Ich habe zwar keine Ahnung, wohin ich gehen soll, aber ich will allein sein. Irgendwann werde ich schon an einer Bar vorbeikommen, wo ich gemütlich etwas trinken und den Abend ausklingen lassen kann. Das irgendwann dauert ziemlich lange. Ich bin sicher schon eine Stunde unterwegs, bis ich endlich ein Pub erspähe. Der Barkeeper genehmigt mir einen Drink, bevor er um 22 Uhr den Laden dicht macht. Na toll. Danach bin ich unschlüssig, ob ich der Hochzeitsgesellschaft wieder die Ehre geben oder mir eine andere Bar suchen soll. Ich werde mir das während des Gehens überlegen. Da habe ich auch jede Menge Zeit dazu... denn nach einer Stunde beginne ich zu ahnen, dass ich wohl in die falsche Richtung unterwegs bin. Die Gegend wird immer unwirtlicher, ich befinde mich mittlerweile in einem Industriegebiet. Der Magenbitter ist alle. Weit und breit kein Mensch, kein Lokal und schon gar kein Taxi. Also alles wieder retour. Mir tun die Füße weh in meinen feinen Schuhen. Mein Magen knurrt. Ich habe einen Schwips, schrecklichen Durst und keine Ahnung, wo ich bin. Plötzlich fehlt mir meine Liebste ganz fürchterlich. Ich setze mich auf die Bordsteinkante und rufe sie an.

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