Das Geheimnis der Liebe - Worte zur Hochzeit

Die Liebe allein
versteht das Geheimnis,
den anderen zu beschenken
und dabei selbst reich zu werden
Clemens von Brentano

Drei Worte sind auf interessante Weise in eurem Trauspruch miteinander verbunden: Geheimnis, Geschenk und Reichtum. Clemens von Brentano (t 1842), übrigens ein Aschaffenburger wie ich, ein Mensch von ungestümer Lebensart und einer, der nach langen Kämpfen zum Glauben zurückgefunden hat, hat euren Trauspruch geprägt. Die Liebe ist als erstes ein Geheimnis. Ihr könnt euch eure Liebe zeigen, ihr könnt euch wunderschöne und lustvolle Geschenke der Liebe machen, beweisen könnt ihr eure Liebe damit nicht. Das Geheimnis der Liebe ist auf Vertrauen angelegt, wie wir auf das größte Geheimnis, nämlich auf Gott bauen können, ohne ihn zu beweisen. Deswegen sagt Johannes: Gott und die Liebe sind eins. Sie sind das große Geheimnis, das nicht aus unserer Welt stammt und an dem wir doch teilhaben dürfen.

I in Geheimnis ist die Liebe auch deswegen, weil sie nicht den Gesetzen unserer Welt folgt. Unsere Welt ist auch Wollen und Haben, auf Machen und Begreifen, auf Verdienen und Gewinn eingestellt. Die Liebe will sich verschenken. Aber wer aus Liebe schenkt, wird eben nicht ärmer; er wird reicher. Dennoch hat die Liebe einen sehr hohen Preis. Sie verträgt keine Halbheiten. Die Liebe kostet den Einsatz des ganzen Lebens. Wer liebt, hat diesen einmaligen Preis zu zahlen. Aber der Lieben-de empfängt, wenn er gibt; er bekommt, wenn er teilt und austeilt. Diesen geschenkten Reichtum habt ihr in eurer Lebens- und Liebesgeschichte schon erfahren: Wir werden offener, empfindsamer, zärtlicher, wenn wir lieben. Wir sehen mit unseren Augen anders und tiefer, wenn wir lieben. Wir sprechen eine andere Sprache, wenn wir lieben. Wir hören auf den anderen ganz anders, wenn wir lieben.

Wir werden als Mensch ganz einfach bereichert, wenn wir lieben. Wir können sogar Grenzen und Mauern überspringen. Was ihr euch dazu noch in Liebe schenkt ist ein vierfaches: Einmal Geduld, weil die Liebe immer eine zarte Pflanze bleiben wird. Zum anderen Stille und Einsamkeit, weil nur dort Wachstum und Reife sein kann, wo wir den anderen auch loslassen. Zum Dritten Höhepunkte, weil wir darauf angewiesen sind, dass uns Freude und Lust aus dem Alltag herausholen. Schließlich Versöhnungsbereitschaft, weil wir so unsere Liebe retten können vor allem, was sie bedroht.

Das alles, ich spreche es ganz offen aus, ist nur für den möglich, der glaubt. Der an sich glaubt, an den Partner glaubt und an Gott glaubt. Der Glaubende vertraut sich und seine Liebe letztlich Gott an, der uns zutraut, das Leben zu bestehen. Deswegen vertrauen wir Gott in der Trauung auch noch unsere Schwächen und unser Versagen an. Er soll unsere Liebe und unsere Treue stützen und schützen. Deswegen bitte ich euch, kehrt oft in diese Kirche zurück, die jetzt eure Hochzeitskirche
wird, damit ihr von dem Geheimnis der Liebe Gottes umgeben bleibt in guten und in schweren Zeiten; damit ihr schenken könnt, um reicher zu werden. Das ist es auch, was ich euch von ganzem Herzen wünsche, dass ihr euch annehmen und behalten könnt an jedem Tag wie ein Geschenk, das auch am letzten Tag noch ein Geheimnis in sich trägt.

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